Sonntag, 23. Juli 2023

Ein Plädoyer für SPOBUCOM

Ulrich Kühne-Hellmessen war Anfang der neuziger Jahre einer der prägenden Köpfe der Sport-Bild. Zuvor hatte er für den Kicker und das Fußball-Magazin gearbeitet. Beim FuMa war er mir ins Auge gefallen, weil er 1986 einen - für die Verhältnisse des eher betulichen und immer wohlwollenden Heftes - recht pointierten und fast schon galligen Artikel über Frank Lippmann, den in den Westen geflüchteten Stürmer von Dynamo Dresden, geschrieben hatte. Darin kritisierte Kühne-Hellmessen, wie Lippmann während seiner obligatorischen einjährigen Sperre allzu bequem das süße Leben im Westen genoss und keinerkei Bereitschaft zeigte, sich für künftige Erfolge zu quälen.

Heute ist Kühne-Hellmessen Inhaber einer eher unscheinbaren Firma namens SPOBUCOM (ein Akronym für Sport - Bücher - Kommunikation), die nur über einen recht sparsamen Internetauftritt verfügt, dafür aber offenbar höchst lukrativ ist. SPOBUCOM realisiert im Auftrag von und gemeinsam mit Verlagen und sonstigen Partnern Sport-Buch-Projekte - und wenn man der Eigenwerbung glauben darf, werden hierbei Auflagen erzielt, von denen Sportbücher in der Regel nur träumen können. So wurde ein Buch über den WM-Sieg 2014 über 80.000 mal, das dreibändige Werk "Verrückter Fußball" gar über 150.000 mal verkauft. Nicht schlecht, wenn man davon ausgeht, dass viele Verlage schon froh sind, wenn  sie von (durchaus gut geschriebenen und absolut lesenserten) Fußballer-Biographien 3.000 Stück oder so loswerden.

Nun muss man schon Stunden nach dem Finale auf den Markt geworfene WM- und EM-Bücher oder indifferente Sachen wie "Die besten Spiele", "Verrückter Fußball", "Faszination Fußball", "1.000 Dinge, die Sie über Ihrern Verein noch nicht wussten" und ähnliches, womit der Buchmarkt heutzutage geflutet wird, nicht zwingend mögen. Aber - und das dürfte SPOBUCOM von anderen Produzenten derartiger Werke unterscheiden - Kühne-Hellmessen und sein Team bürgen für wirklich gute Texte und  Substanz. Ein schönes Beispiel dafür ist das Buch "Doppelpass - Geschichten rund um die Kultsendung". Das großformatige Werk bietet auf 158 Seiten wirklich alles, was man über den DoPa wissen muss, bis hin zu einer Übersicht aller Gäste, die jemals (wann und wie oft) in der Sendung waren.

Nun war die Idee hinter dem DoPa über etliche Jahre deutlich besser als ihre Umsetzung und ist die Sendung heute unter Florian König viel, viel sachlicher und analytischer und ansehenswerter als unter Lattek, Wontorra und Helmer. Die oft gerühmten und zitierten Highlights (Streit Lattek - Hoeneß, Streit Wontorra - Assauer) waren in Wahrheit auch kein bißchen originell oder lustig. Und ich werde nie verstehen, wieso z.B. ein Mario Basler wieder und wieder eingeladen (und von den Zushauern bejubelt) wird, obwohl er ersichtlich keinerlei Draht mehr zum Geschehen hat und meist nur mit anderen Worten das wiederholt, was sein Vorredner gerade gesagt hat. Aber nichtsdestotrotz ist der DoPa eine Institution - und das Buch vermittelt einen hervorragenden Eindruck, wie er entstand und funktioniert, wer alles zu einer Folge beiträgt, was vor und hinter den Kulissen passiert und wer/was die prägenden Personen, Szenen und Momente in den vergangenen Jahrzehnten waren. Die Texte, die sehr gut ausgewählten Bilder, das Layout - alles vermittelt einen Eindruck von Sorgfalt, von Wertigkeit, von einem Werk, das man gern in der Hand hält und auch gern immer mal wieder in die Hand nimmt.

Deshalb: Ich bin ganz froh, dass es Ulrich Kühne-Hellmessen (der selbst übrigens auch 35x im DoPa zu Gast war) und seine Firma SPOBUCOM gibt.
 
Ulrich Kühne-Hellmessen: "Doppelpass: Geschichten rund um die Kultsendung", Verlag Die Werkstatt