Mittwoch, 11. Januar 2023

Ein wunderbares Buch!

So ganz warm bin ich mit Werner Hansch als Fußballreporter nie geworden. Zu anbiedernd, zu sehr auf billigen Beifall ausgerichtet erschien mir sein Stil a la "Ein geiles Tor!". Aber immerhin habe ich ihm auch damals schon eine gewisse Unverwechselbarkeit und Wiedererkennbarkeit zugestanden, was in dieser Branche nicht das Schlechteste ist.

Nachdem ich sein Buch mit dem allerdings albernen Titel "… Alles andere ist Schnulli-Bulli!" (welcher Lektor, welche Marketingabteilung lässt so etwas durchgehen?) gelesen habe, bin ich indes bereit, Abbitte zu leisten. Werner Hansch hat hier ein großes, kluges, wunderbares Buch vorgelegt, das nachdrücklich belegt, dass er weit mehr war als der Reporter mit der allzu sehr betonten Volkstümlichkeit. In einer Zeit, in der andere vermeintliche Reporterlegenden wie Rolf Töpperwien hochnotpeinliche "Erinnerungen" - Töpperwien berichtet überaus anschaulich, wie er Andreas Thom 1986 mit Dynamo Dresden gegen Bayer Uerdingen untergehen sah; dummerweise hat Thom (BFC Dynamo) tatsächlich nie für Dresden gespielt - vorlegen, ist das Buch von Werner Hansch einfach nur großes Vergnügen. Gewiss, die etwas rührseligen Passagen über seinen Vater und die Kindheit in Polen muss man ebenso überblättern wie sein späteres Plädoyer für den Kampf gegen Demenz und ähnliche Krankheiten. Aber die Einblicke ins Radio-Reportergeschäft ebenso wie in die Anfänge der kommerziellen Fußballberichterstattung, wie wir sie heute kennen, das Wechselspiel zwischen den Sendern und das Agieren Hanschs in dieser Welt sind hochinteressant, und sehr atmosphärisch.

Volle Punktzahl!

Werner Hansch: "… Alles andere ist Schnulli-Bulli!: Mein verrücktes Reporterleben", Verlag Die Werkstatt