Ernsthaft jetzt?
Nun gut, immerhin stammt das Ding aus dem Sportverlag Berlin, Gott hab ihn selig, der für das eine oder andere Highlight der Fußballbücher-Historie steht, etwa das unvergessene Tagebuch von Lothar Matthäus. Und als Autoren des Heftes werden durchaus bekannte Leute wie Jochen Coenen, Raimund Hinko, Ulrich Kühne-Hellmessen und Jörg F. Hüls genannt. Letztlich ist das Heft ein kunterbuntes Sammelsurium aus (recht gut ausgewählten) Fotos, Rehhagel-Zitaten, Dritt-Zitaten, Nachdrucken früherer Artikel etwa aus der Südeutschen und ausgesprochenen Albernheiten wie "fiktiven Gesprächen" und auf den Bremer Trainer umgemünzten Goethe-Texten. Aber seine Stationen und Erfolge in Bremen und Kaiserslautern und eben auch die eher unglücklichen Monate in München werden hier in der Tat ein ganzes Stück lebendiger und plastischer als in Norbert Kunzes steril-verkopftem Büchlein "Rehhagel: Biographie eines Meistertrainers" (1999, Verlag Die Werkstatt).
Das ist in meinen Augen das eigentlich Schlimme: Otto Rehhagel hat das kleine Werder Bremen zum Deutschen Meiter gemacht - und ebenso den Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern, in meinen Augen bis heute die größte Leistung und Sensation in der Geschichte der Bundesliga. Außerdem führte er Griechenland ebenso sensationell zum EM-Titel. Wer all das schafft, ist keine Eintagsfliege, nicht einfach nur ein guter Trainer mit einer gehörigen Portion Glück - nein, wem derartige Meisterstücke wieder und wieder gelingen, der gehört zu den Besten der Besten. Und es gibt bis heute kein Buch, das diesen ganz Großen der Bundesliga angemessen würdigt? Klar, Otto selbst wollte nie für eine Biographie zur Verfügung stehen - beziehungsweise seine Frau Beate wollte nicht, dass er das tut. Aber Bernd Beyer hat ja mit seinem Helmut-Schön-Buch bewiesen, dass man mit dem entsprechenden Aufwand auch ohne den Protagonisten eine großartige Biographie hinbekommen kann. Vielleicht kommt das ja irgendwann. Und bis sich jemand an das ehrgeizige Unterfangen wagt, Rehhagel ein literarisches Denkmal zu setzen, werden wir wohl mit "Otto ... find' ich gut." Vorlieb nehmen müssen.
Hans-Dieter Schütt (Hrsg.): "Otto ... find ich gut. Rehhagel für Fans", Sportverlag Berlin