Ein entscheidender Punkt aber ist in allen Besprechungen merkwürdigerweise nie erwähnt worden. Reng kommt seinem Protagonisten sehr nahe. Teilweise mag das der persönlichen Bekanntschaft beider zu verdanken sein, sicher. Aber - und das schmälert den Wert des Buches leider - zu einem beträchtlichen Teil stützt er sich auch auf Aussagen von Enkes Berater Jörg Neblung, der offenbar nur allzu gern bereit war, seine Sicht der Dinge im Buch unterzubringen.
Leider ist Reng dadurch nicht ansatzweise in der Lage, sich kritisch mit der durchaus fragwürdigen Rolle Jörg Neblungs in Enkes Leben und seiner Krankheit auseinanderzusetzen. Wer Christoph Daums Biographie liest, weiß, dass eine solche kritische Würdigung Neblungs dringend erforderlich gewesen wäre. Wenn Daum beispielsweise schildert, wie Enke verzweifelt versuchte, aus seinem Vertrag bei Fenerbahce Istanbul herauszukommen - und Neblung nichts Besseres zu tun hatte, als den dreisten Versuch zu unternehmen, in dieser Situation noch einen schnellen Euro zu verdienen, den schaudert ob dieses "Freundes". Ich hätte mir gewünscht, davon bereits in Rengs Buch zu erfahren.
Ronald Reng: "Robert Enke: Ein allzu kurzes Leben", Piper Verlag