Sonntag, 3. August 2025

"Fanprofit": Wunderbare Idee, ausbaufähige Umsetzung

Der Autor Moritz Heigwer ist noch relativ jung, Anfang dreißig, auf den kursierenden Autorenfotos wirkt er sogar noch etwas jünger.  Er hatte eine Idee für ein Buch über die bestehenden Möglichkeiten, als Fan mit seinem Lieblingssport Geld zu verdienen - doch er hat es nicht bei der Idee belassen, sondern hat sich, abends nach getaner Arbeit als Risikomanager in einem Medizintechnikunternehmen, hingesetzt, hat recherchiert und geschrieben und redigiert und umgeschrieben und dann Bilder und Grafiken beigefügt und das Ganze als Selfpublishing-Projekt bei KDP zu einem 370 Seiten umfassenden Buch ("Fanprofit: Profit für die Fans") gemacht. Allein das ist für mich schon ein Grund zur Freude. Es gehört viel Zähigkeit und Durchhaltevermögen dazu, ein Buchprojekt dieser Art wirklich zu Ende zu bringen, zumal neben den regulären Alltagspflichten und ohne einen Verlag an der Seite, ohne ein professionelles Lektorat, ohne Mitstreiter, die sich beruflich mit der Vermarktung von Büchern befassen - und ohne die Aussicht, damit nennenswert Geld zu verdienen. Und deshalb ziehe ich schon einmal vorab den Hut, noch ehe ich die erste Seite gelesen habe. Und, ja, mir ist wohl bewusst, dass - seit die Verlage ihre Rolle als Gatekeeper eingebüßt haben - jeder, wirklich jeder Schund als Selfpublishing-Projekt veröffentlicht werden kann. Aber über so ein Buch reden wir hier nicht, auch wenn ich gleich noch ein wenig mäkeln werde.

Fangen wir mal mit der Buchidee an. Denn die ist großartig. Während Spieler, Trainer, Manager und Spielerberater mit dem Fußball Millionen verdienen - und ich gönne ihnen jeden Cent! -, stehen Fans in der Regel am abgebenden Ende: Sie bezahlen für Tickets und für Trikots, für Auswärtsreisen, Stadionbesichtigungen, TV-Abos und natürlich auch für die Bratwurst und das Bier in der Halbzeitpause. Warum also nicht mal der Frage nachgehen, ob und welche Möglichkeiten ein Fan hat, sein Wissen rund um den Fußball in einen kleinen oder größeren Nebenverdienst umzumünzen. Was gäbe es Besseres, als mit dem schönsten Hobby der Welt auch noch Geld zu verdienen? Und, wie Heigwer in "Fan-Profit" darlegt, gibt es da so einige Möglichkeiten: Sportwetten, Vereinsaktien, Sammelkarten, Beteiligungen an Fußball-Start-ups, NFT`s, Fußball-Bücher, Fußball-Blogs (soso!) und so weiter. Der Autor widmet sich jedem der möglichen Investments mit seinen Vor- und Nachteilen, Möglichkeiten und Grenzen, Chancen und Risiken.

Und genau hier fangen leider auch die Probleme an. Denn Heigwer kann sich nicht für eine gleichbleibende Flughöhe entscheiden und findet, schlimmer noch, nach meinem Eindruck nur selten die richtige. So pendelt das Buch zwischen allgemeinen und in dieser Form leider völlig nutzlosen Disclaimer-Sätzen a la "Ein Buch kann sowohl im Wert steigen als auch fallen.", Binsenweisheiten wie "Lege nicht alle Eier in einen Korb!" und holprigen Allgemeinplätzen ("Diese Art von Blogs kann auch eine Marke aufbauen und sich als Autorität in ihrem Bereich etablieren, was sich in Werbe- und Sponsoring-Möglichkeiten niederschlagen kann.") einerseits und höchst detaillierten, aber dennoch abstrakten Berechnungen von Wahrscheinlichkeitswerten sowie einem Loblied auf den Zinseszinseffekt andererseits. Der Erkenntnisgewinn bleibt hier überschaubar und die Lesbarkeit leidet, wenn die Ausführungen etwas allzu Lehrbuchhaftes bekommen, leider ebenfalls. Am anschaulichsten ist Heigwer noch dort, wo er über ganz konkrete eigene Erfahrungen berichtet, nämlich beim Kauf und Verkauf von NFT's beim Soare-Fantasy-Manager-Spiel. Hier erfährt der Leser, wie Heigwer erst Messi und Kimmich verpflichete, den Argentinier ob seines drohenden Abgangs von Paris Saint-Germain ein Jahr später aber wieder verkaufte und wie er kontinuierlich kleine Gewinne erwirtschaftete. Solche konkreten Beispiele und Erfahrungen hätte ich mir auch an anderer Stelle gewünscht. Wie man beispielsweise hochspannend, pointiert und ungeheuer unterhaltsam über die Gewinnchancen bei Sportwetten schreibt (bzw. spricht - soweit ersichtlich, ist nur eine Audiobook-Ausgabe verfügbar), hat Jörg Bochow mit "Sportwetten-Millionär: Mit Sportwetten viel Geld verlieren und noch mehr gewinnen" bewiesen. Und Mike Hager hat das gleiche für NFT's geleistet ("Reich mit NFTs: Investieren in Non-Fungible Tokens"), wengleich nicht ganz mit Bochows Spirit. Das Hauptverdienst von "Fanprodit" dürfte letztlich darin bestehen, alle fußballbezogenen Verdienstmöglichkeiten einmal zusammengetragen und mit kurzen Themenaufrissen aufgelistet zu haben. Das ist nicht schlecht, aber da war deutlich mehr drin.

Moritz Heigwer: "Fanprofit: Profit für die Fans", Kindle Direct Publishing