Man fragt sich, wie die Fußballwelt eigentlich überleben konnte, als es "Sport-Bild"-Reporter Falk noch nicht gab. Denn alle anderen in der Branche sind im Grunde minderbemittelte Trottel. Selbst Falks Kollege (und, was im Buch übrigens keinerlei Erwähnung findet, Mentor!) Raimund Hinko, eine Münchner Reporterlegende, die den FC Bayern und die Nationalelf für "Sport-Bild" durch die gesamten 90er Jahre in unverwechselbarer Weise begleitet hat, hat es laut Falk schlicht nicht drauf: Unter den Augen des gestrengen neuen Bayern-Coaches Louis van Gaal wird Hinko - ein Hüne von über 1,90 m - buchstäblich immer kleiner und fahriger und kann nur noch zusammenhanglos herumstammeln. Falk hingegen ist souverän wie immer. Gut vorbereitet und mit diversen Papieren bewaffnet kommt er zu einem Termin mit van Gaal, weist diesen kühn auf einen Fehler hin und schaut anschließend genüßlich zu, wie es in van Gaal brodelt und kocht, diesem aber am Ende nichts bleibt, als das überlegene Fachwissen des Journalisten anzuerkennen. Überhaupt hat Falk in sämtlichen, wirklich allen schwierigen Gesprächen, die er führt, immer noch eine schnelle Erwiderung, immer noch eine kesse Replik, immer noch einen flotten Spruch auf Lager, um das Feld am Ende als Sieger zu verlassen. Egal, ob gegenüber Bastian Schweinsteiger, der ihn vor versammelter Mannschaft angeblich provozieren will, oder Bayern-Patron Uli Hoeneß, der von Falks selbstbwusstem Auftritt so eingeschüchtert ist, dass er sich am Telefon für eine Erwiderung "Bedenkzeit" erbitten muss - es gibt stets nur einen Gewinner. Wann immer Falk selbst spricht, hört sein jeweiliges Gegenüber ausnahmslos "aufmerksam" zu. Er selbst hat das freilich nicht nötig - wenn er mal wieder den tobenden Uli Hoeneß am Telefon hat, zieht er sich in aller Ruhe einen Espresso und verliert sich in Gedanken über den Sinn des Lebens, bis sein Gegenüber mit seiner Tirade endlich fertig ist. Und wenn ihm Bastian Schweinsteiger in der Mixed Zone erbost an die Gurgel geht, bleibt Super-Falk ebenfalls "gefährlich ruhig". Schon eine coole Sau, der Typ.
Wenn man im Buch mal darauf achtet, wieviele Leute Falk schon nach eigener Darstellung auf die eine oder andere Art (bestenfalls bedenkenlos) dazu gebracht hat, ihm gegenüber Äußerungen zu tätigen, die sie später bitter bereuten - Sepp Maier, Alfons Schuhbeck, Roque Santa Cruz, der damit sogar seine Familie in Gefahr brachte - fragt man sich, wieso überhaupt noch irgendjemand mit ihm redet und wieso es nicht alle Akteure so wie wie Arjen Robben machen, der Falk schlicht ignorierte. Was mich zusätzlich wundert: Falk ist in seinem Stil so beliebig und austauschbar wie die ganze "Sport-Bild" ungefähr ab Mitte der 2000er Jahre. Während der von ihm geschmähte Hinko eben einen eigenen unverwechselbaren Stil hatte und insbesondere Vor-Ort-Besuche bei Lothar Matthäus in Artikel ummünzte, denen der Stempel "Von Raimund Hinko" auf hundert Meter Entfernung anzusehen war, hat Falk bis heute nichts Charakteristisches - außer die schmierige und selbstgefällige Art, in der er bei Fernsehinterviews grinsend darauf hinweist, diese oder jene Sache "enthüllt" zu haben.
Fazit: "Inside FC Bayern" ist auch beim zweiten, dritten, fünften Mal noch ein spannendes Buch, aber die Lektüre erfordert sehr viel Toleranz gegenüber dem von sich selbst begeisterten Autor.
Christian Falk: "Inside FC Bayern", Riva Verlag