Wo Bardow recht rasant loslegt, nimmt Kirschneck sich Zeit: Es dauert eine ganze Weile, ehe man in der Geschichte und im Geschehen drin ist und mit den Protagonisten mitfiebert. Dann aber liest sich "Schweine befreien", weniger Satire und mehr Krimi als "Trainingslager", ebenfalls gut weg, auch wenn Kirschneck mit Figuren wie der kessen Rezeptionistin Toni Versprechungen macht, die nie so wirklich eingelöst werden. Aber an Grabowskis abenteuerlicher Reise ins kroatische Split, um dubiose Deals des örtlichen Fußballvereins - nicht Hajduk, sondern der fiktiven Ortsrivale aus der 2. Liga - mit zwei deutschen Vereinen aufzuklären, nimmt man gern teil, an seinen Übernachtungen in schäbigen Hotels, an seinen Low-Budget-Mahlzeiten, an seinen alkoholgeschwängerten Gesprächen mit Verdächtigen und Informanten. Ob es des großen Rades, das der Autor mit den Bezügen zum Jugoslawien-Konflikt Anfang der 90er Jahre und zum 11. September 2001 dreht, wirklich bedurft hätte, ist fraglich - aus meiner Sicht hätte allein der Ansatz "Das Bosman-Urteil macht den Weg frei für zwielichte Deals mit zwielichten Balkan-Klubs" genug Stoff für einen Roman hergegeben.
Kirschneck, jüngst nach Belgrad verzogener Redakteur des Fußballmagazins "11Freunde", ist wie Bardow ein Kenner der Szene - und auch er kann schreiben. Deshalb ist "Schweine befreien" auch wunderbare Unterhaltung - wenngleich mich das Gefühl, dass hier mehr drin war, beim Lesen nie verlässt. Und mir erschließt sich auch bis zum Schluss nicht, was sich der Verlag bei der Covergestaltung gedacht hat - jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass das Cover den Verkauf übermäßig angekurbelt hat. Eigentlich schade, denn von Jens Kirschneck würde ich gern mehr lesen.
Jens Kirchneck: "Schweine befreien", Verbrecher Verlag