Wer sich über die einzigartige Karriere des italienischen Erfolgstrainers Giovanni Trapattoni informieren möchte, findet auf dem deutschen (beziehungweise deutsch-österreichischem) Buchmarkt gleich zwei lesenswerte Werke: Bereits 2006 ist im kleinen, aber feinen Wiener Sportbuchverlag egoth das Buch "Trapattoni" von der Journalistin Elisabeth Schlammerl und dem Verleger Egon Theiner erschienen. Zehn Jahre später legte der "Maestro" persönlich dann mit "Ich habe noch nicht fertig!" seine im deutschen Verlag Die Werkstatt veröffentlichte Biographie vor. Es gibt durchaus gute Gründe, sich beide - mit um die 250 Seiten für die Biographie eines solchen Mannes nicht übermäßig dicke - Bücher zu Gemüte zu führen. Die 2016 erschienene Autobiographie hat den offensichtlichen Vorteil, dass sie mit der Zeit Trapattonis als irischer Nationaltrainer und seinen zwei Jahren bei Red Bull Salzburg zwei hochspannende Stationen beinhaltet, die im 2006er Buch von Schlammerl/Theiner naturgemäß noch keine Berücksichtigung finden konnten. Daneben besteht durch die beiden Bücher die Möglichkeit, weitere Kapitel der Karriere des Italieners, die hierzulande auf besondere Aufmerksamkeit stoßen dürften, quasi nebeneinander zu legen: Da sind zum einen die Jahre als Trainer bei Inter Mailand (1986 - 1991), zunächst mit Karl-Heinz Rummenigge, später mit Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann. Dann natürlich die beiden Abschnitte bem FC Bayern München (1994/95 und 1996/98 mit einem Meistertitel und einem Pokalsieg) und das unglückliche Intermezzo beim VfB Stuttgart (2005/06).
Die Autobiographie hat stärkere und schwächere Momente. Manchmal geht der "Mister", wie Trapattoni in Italien genannt wird, mit ein paar lapidaren Worten über ganze Monate hinweg ("Im ersten Jahr gewann ich meinen x-ten nationalen Meistertitel (mit Salzburg - TB)". Und dann wird es wieder sehr atmosphärisch und hochspannend, etwa wenn er im Detail berichtet, wie er 2006 im Urlaub den Tessiner Scout Gerry Gerosa vom FC Basel kennenlernte, über ihn mit der Präsidentin des Klubs ins Gespräch kam und schon ein Vorvertrag für ein Engagement Traps bei dem Schweizer Spitzenklub unterzeichnet wurde, sich die Sache dann aber doch zerschlug und Gerosa den Konakt zu Red Bull Salzburg beziehungsweise dessen Berater, einem gewissen Franz Beckenbauer, herstellte. Das Problem dort: Salzburg hatte mit Lothar Matthäus bereits einen Trainer für die neue Saison. Trapattoni schildert recht genau, wie die Gespräche mit Beckenbauer und Red-Bull-Boss Mateschitz liefen, wie Matthäus ins zweite Glied zurücktreten musste und wie dies kommuniziert (oder besser nicht kommuniziert) wurde. Legt man hier nun noch die diesbezüglichen Erinnerungen von Lothar Matthäus in seiner Autobiographie "Ganz oder gar nicht" daneben, entsteht ein hochinteressantes Bild, wie zufällig und erratisch mitunter Entscheidungen getroffen und Schlüsselpositionen im Fußball besetzt werden. Störend in der Autobiographie sind mitunter die allzu ... nun ja ... zurechtgerückt klingenden Dialoge ("Meiner lieber Kalle, altes Haus!" - redet Trapattoni wirklich so?), die mich zweifeln lassen, wie es um die sonstige Akuratheit der Erinnerungen des Italieners ausschaut.
Da passt es ganz gut, dass mit dem Buch aus Österreich
noch ein hier und da vielleicht objektiveres, wenngleich naturgemäß aus
größerer Distanz geschriebenes Werk existiert. Das Buch erschien zu
Beginn von Trapattonis Salzburg-Abenteuer und kann, was selbiges angeht,
nur noch ein paar Fotos und (durchaus treffende) Ausblicke beisteuern. Bei den
zurückliegenden Stationen mag man hier und da die österreichische Brille
(statt der deutschen) merken - so kommt Karl-Heinz Rummenigge bei
Trapattonis Inter-Mailand-Zeit nur in einer dürren Aufzählung vor, die
dramatische Niederlage gegen den FC Bayern München (1:3) im Herbst 1988
gar nicht. Aber dennoch ist das Buch eine faire, interessante, sehr schön lesbare, hier und
da vielleicht ebenfalls etwas zu knappe Zusammenfassung der beeindruckenden Karriere eines
der erfolgreichsten europäischen Vereinstrainer aller Zeiten.
Elisabeth Schlammerl/Egon Theiner: "Trapattoni", egoth Verlag
Giovanni Trapattoni: "Ich habe noch nicht fertig!", Verlag Die Werkstatt