Montag, 27. Februar 2023

Der mit Abstand beste Fußball-Roman

Wenn es um Fußball-Romane geht, ist schnell von Nick Hornbys "Fever Pitch" und Tim Parks "A Season with Verona" die Rede. Mit verzückten Augen wird dann geschwärmt, wie unfassbar treffsicher beide Autoren das Seelenleben eines Fußballfans beschreiben, seinen Alltag mit Stadionerlebnissen, Niederlagen, Familienkonflikten und unzähligen Emotionen. 

Die Wahrheit ist: Ich finde beide Bücher stinklangweilig. Ein Buch, das ich hingegen verschlungen habe und das für mich die Liste der besten Fußballromane aller Zeiten  mit großem Abstand anführt, ist Hans Blickensdörfers 1982 erschienenes Werk "Pallmann". In vager Anlehnung an Calle Del'Haye`s Wechsel zum FC Bayern wird die Geschichte des Neuzugangs Walter "Pall" Pallmann beim fiktiven FC Bavaria erzählt. Und dort begegnet man unzähligen alten Bekannten, die unschwer zu erkennen sind - vom Manager Holldorf (Uli Hoeneß) über den Mittelfeld-Chef und mächtigen Anführer Furtner (Breitner) und den ungelenken Mittelstürmer Tönnes (Dieter Hoeneß) bis hin zu Stürmerstar Rumnick (Kalle Rummenigge) und den marionettenhaften Trainer Durkovic (Pal Csernai). 

Mit messerscharfen Sätzen, von denen jeder einzelne ein wirkliches Vergnügen ist, zeichnet Blickensdörfer ein unfassbar präzises Bild vom Innenleben des FC Bayern Anfang der 80er Jahre, den internen Machtkämpfen und Ränkespielen, den Abhängigkeiten und Stimmungen und Lagerbildungen, vom Seelenleben der Profis und Funktionäre. Anders als Del'Haye, der beim FC Bayern nie einen Fuß auf den Boden bekam, spielt Pallmann beim FC Bavaria schnell eine wichtige Rolle - auf dem Spielfeld, sowohl in der Bundesliga als auch im Europapokal, und auch außerhalb des Feldes. Seinem Weg im Münchner Haifischbecken zu folgen, seinen Gespräche mit Furtner und Holldorf zu lauschen, ist wahrhaft große Unterhaltung. 

Vermutlich kam "Pallmann" ein paar Jahre zu früh auf den Markt, zu einer Zeit, als Profifußball noch als schmuddelig und als Vergnügen der Unterschicht galt. Anderenfalls hätte das Buch Werken wie "Fever Pitch" und "A Season with Verona" mühelos den Rang abgelaufen.

Hans Blickensdörfer: "Pallmann", Schneekluth Verlag