Dienstag, 27. Februar 2024

Das haben andere leider deutlich besser gemacht!

Eigentlich bin ich gerade mit dem 500-Seite-Wälzer "500 Doppelpässe am Mikrofon" von Florian Meigen zugange. Aber aus gegebenem - traurigem - Anlass habe ich mal ein anderes Buch dazwischengeschoben: Am 20. Februar 2024 ist überraschend Weltmeister Andreas Brehme verstorben. Grund genug, mir mal das 1998 im Sport-Verlag-Berlin erschienene Erinnerungsbuch "Das war's, Freunde" von Herbert Günther und Hanns Petillon vorzunehmen.

Ich schreibe bewusst "Erinnerungsbuch" und meine das überhaupt nicht gallig: Es handelt sich nicht um eine Biographie im Sinne einer vertieften kritisch-wohlwollenden Auseinandersetzung mit der sportlichen Karriere des Sujets und ggfs. auch seines sonstigen Lebensweges, sondern vielmehr um einen höchst fotoreichen Abriss, der seinen Wert weniger aus der kritischen Analyse, sondern der Atmosphäre, die er vermittelt, gewinnt. Ähnliche Bücher sind über Lothar Matthäus ("Der Leitwolf") und Rudi Völler ("Ruuuuudi!") und nach meiner Erinnerung auch über Jürgen Kohler erschienen, letzteres kenne ich allerdings nicht. 

Nun hatte ich hier bereits an früherer Stelle über den früheren "Sport-Bild"-Journalisten Ulrich Kühne-Hellmessen und dessen Firma SPOBUCOM geschrieben und darauf hingewiesen, dass ich dessen Projekte und dessen Bücher schätze, weil sie bei aller Lobhudelei und übergroßer Nähe zum Sujet eben gut geschriebene Texte enthalten. Während die Matthäus- und Völler-Bücher von Kühne-Hellmessen und meinem Fast-Namensvetter Tom Bender stammen, zeichnen für das Brehme-Buch die beiden vorgenannten Autoren Herbert Günther und Hanns Petillon verantwortlich - und leider spürt man den Unterschied nur allzu deutlich. Wo "Leitwolf" und "Ruuuudi!" gut gemacht sind, ist "Das war's, Freunde!" eben nur gut gemeint. Das gilt weniger für die Fotos, die passen auch hier - aber leider sind die Texte dazu fürchterlich dürftig. Allgemeinplatz reiht sich an Allgemeinplatz. Die vergleichsweise große Schrift soll wohl kaschieren, dass die Autoren - oder vielleicht auch Andreas Brehme selbst - nicht allzu viel zu erzählen haben, aber sie unterstreicht die inhaltliche Leere des Buches eher. Brehmes Zeit in Saragossa beispielsweise wird in ganzen neun Sätzen a la "Insgesamt war das eine interessante Zeit in Spanien." abgehandelt. 

Ein schmerzhafter Gegensatz zu den Büchern über Matthäus und Völler, die neben guten Fotos neue Erkenntnisse und Einblicke vermitteln. Im Abschnitt über die WM 1986 lese ich im Brehme-Buch Sätze wie "Wenn du im Endspiel stehst, willst du natürlich gewinnen." Über den Abstieg 1996 mit dem 1. FC Kaiserslautern heißt es: "Natürlich haben wir nicht gut genug gespielt, wir waren unsd lange zu sicher und erkannten zu spät den Ernst der Lage." Für solche Einsichten muss ich nun wirklich kein Buch kaufen. Keine einzige Passage ist aus der Innensicht geschrieben, sondern alles mit dem Blick von außen - und selten besser als auf Wikipedia-Niveau. Auch das Layout überzeugt mich nicht: Der Text ist an sich aus Sicht Brehmes geschrieben, aber plötzlich kommenden - wie in der Saison 1995/6 - nochmal farblich abgesetzte Passagen mit gesonderten  Brehme-Zitaten. Das macht in meinen Augen wenig Sinn, weil es den Lesefluss unnötig stört.
 
Nachdem auch die erst 2023 erschienene Brehme-Biographie "Beidfüßig: Von Barmbek bis San Siro" ebenfalls den Vorwurf übergroßer Dürftigkeit auf sich gezogen hat (vgl. Bewertung bei Amazon: "Bin sehr enttäuscht von diesem Buch! Man erfährt nichts neues, was man nicht schon weiß. Keine Hintergründe, nur oberflächliche Informationen."), ist leider zu konstatieren, dass es nach wie vor an einem wirklich guten Buch über einen der besten deutschen Fußballer aller Zeiten fehlt. 
 
Schade!

Herbert Günther und Hanns Petillon: "Andreas Brehme: Das war's, Freunde!", Sportverlag Berlin